Vor wenigen Tagen war es eine der Breaking News der internationalen Cannabispolitik. Manche Schlagzeilen suggerierten beinahe, dass die Legalisierung von Cannabis in den Vereinigten Staaten von Amerika so gut wie sicher ist. Es muss auf jeden Fall ein wichtiger Meilenstein gewesen sein. Doch was war wirklich geschehen im US-Kongress? Der MORE Act hatte wohl erfolgreich eine wichtige Abstimmung hinter sich gebracht. Wird es nun schon bald überall in den USA legales Cannabis für jedermann zu kaufen geben?
Was der sogenannte MORE Act für die Cannabispolitik der USA bedeutet
Der Gesetzentwurf, der in einem Ausschuss des Kongress beraten wurde, nennt sich Marijuana Opportunity Reinvestmen and Expungement Act, kurz also MORE Act. Dieser stellt keine zwingende Legalisierung von Cannabis dar, sollte er zum Gesetz werden. Vielmehr überlässt er die Regulierung von Cannabis den einzelnen Bundesstaaten. Allerdings wird Cannabis aus der Liste 1 der kontrollierten Substanzen des Controlled Substances Act gestrichen. Viele Staaten würden dies begrüßen, vor allem diejenigen, die bereits legalisiert haben und noch unter dem Druck der Bundesbehörden leiden. Und manche anderen Staaten würden die neue Freiheit wohl auch nutzen und ihre Bemühungen um eine Legalisierung verstärken. In konservativ geführten Teilen des Landes würde sich dagegen also nichts ändern.
Der MORE Act beinhaltet jedoch mehr als nur die Möglichkeit zur Legalisierung von Cannabis. In dem Entwurf sind ebenfalls Richtlinien enthalten, die eine Form der Wiedergutmachung vorsieht für die Opfer der Strafverfolgung von Cannabisdelikten. Diese soll insbesondere sozial schwache Schichte und ethnische Minderheiten betreffen. Denn sie wurden in besonderem Maße durch das Cannabisverbot diskriminiert und geschädigt. Diesen Menschen will der MORE Act durch Investitionskapital die Gelegenheit geben, auf dem neuen, legalen Markt für Cannabis Fuß zu fassen und sich an dem Geschäft zu beteiligen. Außerdem sollen Cannabis-bezogene Straftaten, die nach neuem Gesetz im Rahmen der Straffreiheit wären, aus den Strafregistern gelöscht werden. Das wären demnach alle geringfügigen, Konsum-nahen Delikte, die nicht mit anderen Gesetzesverstößen wie etwa Gewalttaten oder Waffenbesitz in Verbindung stehen.
Wie es jetzt mit dem Legalisierung von Cannabis in den USA weitergeht
Leider bedeuten die vielen euphorischen Schlagzeilen noch nicht die Revolution und die sofortige Legalisierung von Cannabis, auch wenn sie teilweise danach klingen mögen. Die historische Abstimmung über den MORE Act, von denen in Medienberichten die Rede ist, bezieht sich auf das House Judiciary Committee. Das ist in etwa das US-amerikanische Pendant zu unserem Justizausschuss. Und es ist auch nur der Justizausschuss des Repräsentantenhauses. Dieses ist aktuell in der Hand der Demokraten. Darum räumt man dem Gesetzentwurf durchaus gute Chancen ein, auch bei einer Abstimmung im gesamten Repräsentantenhaus eine Mehrheit zu erhalten.
Im Ausschuss hatte der MORE Act am Mittwoch eine komfortable Stimmenmehrheit von 24 zu 10 erhalten. Sogar zwei Abgeordnete der Republikaner hatten sich hier als Befürworter des Entwurfs gezeigt. Denkwürdig ist die Entscheidung des Ausschusses aber auf jeden Fall. Schließlich ist es die erste positive Antwort eines Kongressausschusses auf einen Gesetzentwurf für die Legalisierung überhaupt. Nun sind die Abstimmungen im Repräsentantenhaus und im Senat entscheidet. Im Gegensatz zum Repräsentantenhaus wird der MORE Act es schwieriger haben. Dort sind die Republikaner in der Mehrheit. Und es ist unklar, wie viele davon für einen Gesetzentwurf stimmen, der Cannabis legalisiert. Trotzdem muss man anerkennen, dass es auch immer mehr Republikaner gibt, die für eine progressive Cannabispolitik sind. Ein zeitnaher Erfolg des MORE Act, oder einer vergleichbaren Gesetzgebung, ist also durchaus im Bereich des Möglichen. In Deutschland müssen wir derweil auf den Erfolg der Justizkampagne hoffen, die das Cannabisverbot durch das Bundesverfassungsgericht beenden könnte.